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Mein Frauchen schreibt gerne kleine Geschichten. Die Geschichten sind frei erfunden und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind reiner Zufall - oder auch nicht. Und auf dieser Seite könnt Ihr ein paar davon lesen:
Hochzeit - was für eine Gaudi
Der Wastl, seines Zeichens der Erbe vom Grüntal-Hof direkt am Chiemsee hat sich getraut, will sagen, er ist endlich in den Hafen der Ehe gesegelt. Wurde auch Zeit, immerhin ist er schon fast 30, sagen die Einen (das sind die Freunde, die schon seit längerem verheiratet sind und dem Wastl „das Streunern“ nicht vergönnt haben). Schade, sagen die Anderen, meist weiblichen Geschlechts, und dann gibt es welche (meist Mütter von halbwüchsigen Mädchen), die endlich beruhigt sind: „Ein Bazi weniger auf der Straße.“
Ein fesches Dirndl ist die Anita schon, auch wenn’s a Zuagroasde ist, da sind sich Freunde und Bekannte einig. Und wie es Brauch ist im Chiemgau, hat sich der Wastl seine Hochzeit was kosten lassen. 200 Gäste sind bei einer solchen traditionellen Bauernhochzeit keine Seltenheit und für das Brautpaar ist dieser „schönste Tag im Leben“ nicht gerade ein „Zuckerschlecken“.
Denn: Es beginnt mit dem Wecken des Bräutigams so gegen vier Uhr in der Früh, mit Pauken und Trompeten und Böllerschüssen, die den ganzen Ort aufwecken. Das ist meist auch notwendig, weil nämlich am Abend vorher der Ehemann in Spe seinen Junggesellenabschied feiert (ein Muß), die Braut im elterlichen Haus beim Heenatanz Abschied vom „Jungfrauen dasein“ nimmt – und bei beiden Festen geht es erfahrungsgemäß recht zünftig und ganz schön feucht fröhlich her – bei den Burschen oft sogar recht derb. Den Wastl zum Beispiel haben seine Freunde im Sautrog mit Gülle übergossen. und anschließend unter die kalte Dusche gestellt.
Während also der Herr Schöpfung versucht mit dem ersten Stamperl Obstler im Kreis seiner Freunde wach zu werden (das war beim Wastl auch nicht anders), darf die Braut noch wenig länger schlafen. Um acht Uhr geht es dann (noch getrennt) ins Wirtshaus zum obligatorischen „Weisswuaschd“-Frühstück für Brautpaar, Braujungfern und Familie, nach und nach kommen dazu dann auch die ersten Gäste.
Um zehn Uhr beginnt die feierliche, kirchliche Trauung. „Bis das der Tod Euch scheidet“, das „Ave Maria“, ein gehauchtes „Ja“, Tränen bei der Brautmutter, Getuschel über’s Brautkleid, der erste Kuss als Ehepaar, Auszug aus der Kirche, Händeschütteln, Bussi hier und Bussi da, gute Wünsche, ein bißchen „derblecken“ der frisch Getrauten – daran hat sich bis heute nichts geändert.
Jetzt hat „d’Houzadloda“, der Hochzeitslader, seinen ersten großen Auftritt. Er ist der „Herr des Festes“ und für das Gelingen der gesamten Feierlichkeiten verantwortlich. Früher einmal galt der Hochzeitslader ähnlich wie die Kupplerin als ein ehrenwerter Beruf, heute gibt es im Chiemgau (leider) nur noch einige wenige „nebenberufliche“ Hochzeitslader, die aber das ganze Jahr über voll ausgebucht sind.
Nach der Kirche geht es im geschlossenen Zug zum Festsaal. Vorneweg die Musikkapelle, dann das Brautpaar, die nächsten Angehörigen, Freunde und Nachbarn und zum Schluß alle die, die sich eine solche Hochzeit einfach nicht entgehen lassen wollen. Die müssen dann zwar „Mahlgeld“ zahlen, sind aber gerngesehen bei der Hochzeit, denn an der Zahl der Gäste kann man auch ein bißchen die Beliebtheit des Brautpaares ablesen.
Ein bisserl grün um die Nase war der Wastl schon (die traditionellen Nachwirkungen des Vorabends), als er neben seiner Frischvermählten den rund 280 Gratulanten die Hände schüttelte, und man konnte ihm die Erleichterung ansehen, als der Hochzeitslader endlich zum Mittagessen aufforderte.
Verschnaufpause fürs Brautpaar – aber nicht lange. Angesagt sind nach einem opulenten Mahl die Ehrentänze: Walzer für das Brautpaar, es folgen die Eltern, Verwandte (in strenger Reihenfolge), Freunde und so weiter, und so weiter – das dauert Stunden und erfordert eine enorme Kondition.
So gegen vier Uhr am Nachmittag der Höhepunkt: das Weinstüberl. Da beginnt dann das „verschärfte Saufen“ mit dem obligatorischen „derblecken“ der Hochzeitsgäste. Ach ja, und die Braut wird entführt. Früher war das oft eine recht ernste Angelegenheit, heute findet der Bräutigam seine Holde meist im nächstgelegenen Gasthaus im Kreise seiner Freunde wieder und es kostet ihn „nur“ ein paar (so an die 50) Flaschen Wein, seine Liebste wiederzubekommen.
Wer nach dem Weinstüberl noch kann, geht mit zum Abendessen. Danach das große Finale, eingeläutet fast immer mit dem berühmten „Zillertaler Hochzeitsmarsch“ (da wird dann auch der Müdeste wieder wach), wieder Tanzen bis zum Abwinken, diesmal aber freiwillig und nicht nach Zeremoniell. Punkt Mitternacht ist Kehraus. Licht aus – Spot an, „Ganz in Weiß“ – das Brautpaar alleine auf der Tanzfläche, drum herum die Gäste mit Wunderkerzen. Da kommen auch den Hartgesottensten die Tränen der Rührung.
Allerdings – für das Brautpaar gibt es immer noch kein Pardon. Zuhause wartet eine Überraschung, vorbereitet von den Nachbarn. Für den Wastl und die Anita hatten die sich was ganz besonders hübsches ausgedacht: 500 mit Wasser gefüllte Yoghurtbecher zierten die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo das begehrte Ehebett schon wartete, das gesamte Schlafzimmer voller prall aufgefüllter Luftballons, ein Bett ohne Matratze und darunter eine Wanne mit kaltem Wasser.
Grad schee wars – wann ist die nächste Hochzeit??
Vorfrühling
Es ist ein Vorfrühlingstag wie aus dem Bilderbuch. Strahlende Sonne, ein traumhafter Föhn, 20 Grad im Schatten – und das im März. Da hält es niemanden mehr im Haus. Und wie in jedem Jahr an einem ersten warmen Tag zieht es die Städter gen Süden, genauer gesagt, in den Chiemgau, Bayerns Kleinod am Rande der Alpen. Münchner, Augsburger, Landshuter, ja, sogar aus Regensburg und Würzburg reisen Sie an, ein Wochenende im Grünen zu verbringen, mit wandern und radeln, stürmen anschließend die Gasthäuser, bringen Lärm und Hektik in die bis dahin beinah in Winterschlaf verfallenen kleinen Ortschaften rund um den See.
Eine kleine Wirtschaft in einem ebenso kleinen Ort, irgendwo im Chiemgau: Die Gaststube übervoll, Kinder weinen, lachen, lärmen, toben, genervte Mütter schelten, der Vater bestellt lautstark sein Bier, beschwert sich, daß das Essen nicht schnell genug serviert wird, aus der Küche erschallt Geschirrgeklapper, der Koch brüllt seine Anweisungen hinaus in den Schankraum, die Bedienung bahnt sich lautstark ihren Weg durch die Gästeschar – Hektik pur an diesem schönen Tag.
Ganz anders am Stammtisch, ganz hinten, links im Eck. Da geht es ruhig zu. Ein gutes Dutzend Einheimischer hockt dort, alte Männer und Frauen, der reichste Bauunternehmer sitzt dort zusammen mit dem Bürgermeister, dem Knecht und der Magd, und sogar der Dorfpfarrer hat sich zu einer „halben Weissen“ eingefunden, der halbe Gemeinderat ist präsent. Sie sitzen dort jeden Tag bei‘nand beim Bier und einer Brotzeit, um all die wichtigen Tageskleinigkeiten zu bereden, die das Herz bewegen: „Die prämiierte Kuh vom Hofer-Bauern, die will und will nicht kalben; Und Du Bürgermeister, Du hast bei der letzten Ratssitzung wieder mal einen totalen Schmarr‘n verzapft; Herr Pfarrer, bei Deiner letzten Predigt am Sonntag hätt‘st nicht gar so hart sein brauchen;
Mei, ja, den Anderl vom Baderhof, den hat’s gestern „derbreselt“, eing’schlaffa is er und nimmer aufg’standen, einfach so. Weißt Du noch, erst letzte Woche haben wir so gelacht mit ihm.....“ Jetzt ist es staad am Tisch, die Stille ist fast greifbar im lauten Trubel der Gaststube.
Und in diese Stille hinein, ganz leise erst, fast scheu, erklingt eine kleine Melodie. Die Stimme ist zittrig, ungeübt, stockend stimmt sie einen uralten boarischen Zwiag‘sang an.
Die zweite Strophe klingt schon stärker, unterstützt von einem Männerbaß durchdringt sie den hektischen Lärm im Gasthaus. Und als dann alle Stammtischler in den Refrain einstimmen – ja, da sind dann plötzlich auch die Fremden ruhig.
Ganz andächtig sitzen sie da, die „Stoderer“ und selbst die Kinder halten inne und lauschen der melancholischen Weise, die vom Leben auf dem Lande erzählt, von der harten Arbeit und den vergnüglichen Abenden am Kachelofen, vom „Sensenmann“, der immer viel zu früh kommt und von Gott, der über alles seine schützenden Hände hält.
Das Annerl von nebenan hat geschwind die Ziach geholt und der Huber-Sepp beendet mit einem Jodler, als krönenden Abschluß sozusagen, das G‘stanzerl zum Gedenken an den Anderl.
Frenetischer Applaus klingt auf, als das Lied verstummt. Fast erschrocken schauen sie in die Runde, die alten Leute vom Chiemsee, die da ganz selbstvergessen und spontan in ihrer vertrauten Umgebung Ihren Gefühlen Ausdruck verliehen haben, ungeachtet der vielen lärmenden Fremden um sie herum.
Und als ob die es verstanden hätten, bleibt es jetzt ruhig im Raum, die Mütter und Väter schreien nicht mehr, und auch die Kinder spielen leise weiter. Die Harmonie, die stille Gelassenheit der Dorfbewohner steckt an...
Glaubst Du an den Osterhasen???
Den Franzl, den Bua von meiner Nachbarin, den kennen Sie ja schon. Er ist ein ganz spezieller Freund von mir und der Franzl, ja also der Franzl steckte in einer ernsthaften Lebenskrise, einem echten Gewissenskonflikt – wie er mir „top secret“ mitgeteilt hat.
Schuld daran ist das nahende Osterfest. Es war am letzten Samstag. Ich kam grad‘ vom Einkaufen heim, und der Franzl muß wohl schon eine Weile gewartet haben. Ganz aufgeregt rannte er auf mich zu und schrie schon von Weitem, daß er mich unbedingt sprechen müsse, allein, wie er nachhaltig betonte.
Und dann stand er da in meiner Küche, einen Zipfel seines T-shirts aufgeregt zwischen Daumen und Zeigefinger zerknauschend und vor lauter Aufregung fing er auch noch an zu stottern. „DDDani, ggglaubst Du aaan den OOOsterhasen?“
Ich hätt’s mir ja gleich denken können. Mit kleinen Problemen kommt der Franzl schon lange nicht mehr zu mir. „Du nicht?“ fragte ich zurück. Er schaute mich an, und in seinem Blick lag das ganze Elend dieser Erde. „Ich weiß nicht“ sagt er und seufzt dabei herzerweichend. „Eigentlich schon, aber….“
Aber was, will ich wissen. Na, ja, nuschelt der Knirps da vor mir, in seiner Klasse, da wäre so ein Typ, und der behauptet, es gäbe keinen Osterhasen und keinen Weihnachtsmann und überhaupt wären das alles ganz gemeine Lügen der Großen. „Meine Mami würde mich doch nicht anlügen, Dani, oder“, kam da auch schon die nächste Frage.
Ich nahm den Franzl erst mal in den Arm und schob ihn zum Sofa hin. „Nein, deine Mami würde dich nie anlügen“ antwortete ich ihm und grübelte angestrengt, wie ich mich aus diesem Dilemma befreien könnte. Es gab keinen Ausweg, wurde mir klar, als der Franzl gleich die nächste Fragen auf mich niederprasseln ließ. „Und was ist jetzt mit dem Osterhasen? Hast Du ihn schon einmal gesehen? Wo wohnt er, wenn nicht Ostern ist? Was macht er an Weihnachten. Kriegt er auch Geschenke vom Weihnachtsmann? Wie kann er denn die großen Geschenke schleppen? Gibt es ihn denn wirklich wirklich?“ Und nach einer kleinem Atempause (wohl eher für mich als für ihn:“ Mei, Dani, sag halt was.“
Geh’s behutsam an, sprach ich zu mir selber, mach jetzt bloß keinen Fehler. „Franzl, weißt Du was glauben bedeutet“ setzte ich an und wurde altklug von meinem kleinen Gast unterbrochen. „Klar, glauben heißt, etwas nicht tausendprozentig zu wissen, aber Du glaubst halt, daß es wahr ist, und dann passiert es auch. Das haben wir in der Schule gelernt.“
Gut, das war ein Schritt in die richtige Richtung. Aber wie weiter? Große Kinderaugen, erwartungsvoll auf mich gerichtet. Mit fielen zig mögliche Erklärungsvarianten ein, aber keine davon wäre geeignet gewesen, den kleinen Burschen zufriedenzustellen. Mühsam kramte ich in Gedanken ein paar psychologische Grundkenntnisse zusammen, so nach dem Motto: Wie sag‘ ich es dem Kinde.
Auch der Franzl war tief in Gedanken versunken. Rührend war er anzuschauen wie er da mit ernsthaftem Gesichterl vor mir saß und mit dem erwachsen werden kämpfte – dachte ich. Aber der Bursche hatte etwas ganz anderes im Sinn, wie ich dann überrascht feststellen durfte.
Denn während ich noch überlegte, wie ich ihm aus dieser schweren Krise heraushelfen könnte, schien sich beim Franzl das Problem plötzlich erledigt zu haben. Mit einem spitzbübischen Grinsen auf dem Gesicht stand er auf, legte mir eine Hand auf die Schulter und meinte gönnerhaft: „Du weißt es also auch nicht. Macht nichts“
Und dann, nach einer kleinen Pause: „Ich hab selber nachgedacht. Jetzt Geh‘ ich heim und sag der Mama, daß ich ganz fest glaube, an den Osterhasen und so. Ist ja eigentlich egal, ob es ihn gibt oder nicht, oder? Aber wenn ich ganz fest dran glaube, dann bringt er mir bestimmt das Radl, das ich mir so sehr wünsche.“
Wieder eine Pause, ein langer, schelmischer Blick in meine Richtung: „Und weißt, Dani, ich glaub, sicherheitshalber werd‘ ich das auch der Tante Uschi, dem Onkel Sepp und dem Opa und der Oma erzählen….“
Sprach’s und verschwand.
Bin I a Preiß????
Kennen Sie das auch? Den ganzen Tag gab’s nichts wie Streß. Drei Kollegen krank, einer in Urlaub, der Chef hatte eine miserable Laune und irgendwie ging alles schief.
Gestern war so ein Tag. Ich hatte mich selten so auf den Feierabend gefreut und wollte eigentlich nur noch meine Ruhe. Doch kaum hatte ich die Wohnungstür von innen verschlossen, klingelts. An der Tür steht der Sohn meiner Nachbarin, acht Jahre alt, ein echter Lausbub.
„Hei, Franzl“, sag ich eher lustlos. Und er: „Mei Dani, schau halt nicht so grantig.“ Er schiebt sich, ohne auf meine Aufforderung zu warten, in den Flur. Da steht er nun und schaut mich an – unverwandt, von oben bis unten. Ich werde langsam nervös.
Ich: „Schickt Dich die Mama?“ Er: „Naa!“ Wieder ich: „Was willst Du dann?“ Keine Antwort. Endlich: „Du, Dani, bist Du wirklich a Preiß?“
Jetzt bin ich es, die schaut, ich bin sprachlos. „A Preiß“!!. Ja sicher, ich bin vor zwanzig Jahren vom Rheinland in den Chiemgau übersiedelt und insoweit für die Einheimischen hier zumindest „koa echt’s boarisch Dirndl“. Aber „a Preiß“??
Der uralte Zwist zwischen Preußen und Bayern – so aktuell wie nie? Nein, natürlich nicht. Wenngleich auch heute noch ein jeder, der nördlich der Donau lebt, gern als Preiß tituliert wird, so hat der berühmte „Weisswurscht-Äquator“ im Jahr 2007 nur mehr einen folkloristischen als ernsthaften Charakter.
Und doch, wenn ich recht überlege, so hatte ich schon meine Probleme vor zwanzig Jahren. Kein einziges Wort hab ich verstanden, damals, als ich das erste Mal mit meinem Mann (der im übrigen ein echter Münchner ist) im
Wirtshaus saß. Grad lustig war’s, ein jeder hat gelacht und eine „mords Gaudi“ gehabt, „gar recht derbleckt ham‘s mi“, nur, ich saß da und hab nichts mitgekriegt.
Ob er mir bitte ein bißchen was übersetzen möge, habe ich meine bessere Hälfte gebeten, doch der winkte nur ab und meinte lapidar, daß werde ich schon schaffen.
Und richtig. Jeden Tag lernte ich dazu, Wort für Wort. Endlich war ich soweit, daß ich zumindest halbwegs mitkam bei einer Unterhaltung. Ich entdeckte meine Liebe für Schwammerl und Leberkas, stemmte die Maß mit einer Hand (ohne mit der anderen nachzugreifen) und versuchte mich sogar im „schnupfen“. Mein erstes Dirndlg’wand bekam ich von meiner Nachbarin geschenkt, die mir auch zeigte, wie ich die Schürzenschleife und „s‘Tücherl“ richtig binden muß, damit man mich auch als „verheirat’s Weiberleit“ erkennt.
Und als dann zum ersten Mal der Stammtisch-Älteste in unserem Wirtshaus zu mir sagte: „Kimm zuaba, Dirndl, hock di eina z‘mia“, da war ich richtig stolz.
Eine kleine Hand schiebt sich in die meine und reißt mich aus meiner Reise in die Vergangenheit: „Dani, sei nicht traurig das’t a Preiß bist. I mog di“. Dann drückt er mir noch ein Busserl auf die Wange und verschwindet wie er gekommen ist.
Nein, Franzl, traurig bin ich nicht. Im Gegenteil. Glücklich bin ich, weil ich Freunde hab‘, wie Dich.
Handy-Horror
Es ist schon was ganz Tolles, das Zeitalter der Elektronik. Da wird nicht mehr geschrieben, sondern „ge-mailt“, Bits und Bytes bestimmen das Leben. Out ist, wer immer noch keinen Internet-Anschluß hat. Unker behaupten zwar steif und fest, der ganze elektronische Kram würde Arbeitsplätze vernichten und zur Vereinsamung der Menschen beitragen, aber ich seh‘ das völlig anders. Denn noch nie zuvor habe ich so viel über meine Mitmenschen erfahren, wie eben jetzt, wo jedermann (und Frau und Kind) mit einem Handy in der Tasche ausgerüstet ist.
Es ist mein freier Tag. „Shopping“ ist angesagt. Da steh ich also auf dem Marktplatz in Traunstein an der Ampel, grübele so vor mich hin, was ich als nächstes machen könnte und warte, daß die Ampel auf grün schaltet. Da ertönt neben mir ein greller Schrei: „Oh Neiiiiin, des glaub i net! Ah, geh, wo gibt’s denn so was! Der Seppi mit DER?“ Ich dreh‘ mich um. Steht da a Diandl, ich schätz mal 13 Jahre alt, und plärrt ins Telefon. Mir ist das peinlich, die Affäre vom Seppi mit zu hören, also mach ich einen Schritt nach rechts, werde unsanft angerempelt und statt einer Entschuldigung höre ich jetzt: „Ja, schwanger, und sie weiß nicht mal wer der Vater ist.“ Ich weiß es auch nicht, will es auch nicht erfahren, ändere ganz spontan meine ursprüngliche Absicht, die Straße zu überqueren und bahne mir meinen Weg nach rückwärts.
Dort stoße ich mit einem Herrn zusammen, der, die Augen fest auf einen aufgeschlagenen Aktenordner geheftet, in einer Tour vor sich hin murmelt. „Verdammt, verdammt, fünf Punkte gesunken? Das ist schlimm, wirklich schlimm.“ Ganz grün ist er im Gesicht und schüttelt den Kopf, immer und immer wieder – ich hab fast Mitleid mit ihm. Offenbar ein Börsencrash, denke ich, der arme Kerl. In Gedanken gehe ich die letzten Tageszeitungen durch, ob mir was einfällt zu diesem Thema, aber bevor ich mich so richtig ‘reindenken kann in die Kreise der Hochfinanz werde ich schon wieder abgelenkt.
Vor mir kämpft eine junge Mutter, zum einen mit ihrem Sprößling, der unbedingt nach rechts ausreißen will, zum anderen mit dem Kleineren, der im Buggy herzzerreißend flennt, sie selbst aber nun überhaupt keine Zeit für ihren Nachwuchs hat, weil sie offenbar über Handy mit ihrer Mutter zankt. „Nein, für oan echten Pflaumendatschi mußt oan Mürbeteig machen, koanen Hefeteig. Glaub’s mia halt.“
Halt, hier kann ich noch was lernen – weil, ja, weil backen nicht unbedingt zu meinen Talenten gehört. Also spitze ich die Ohren und hoffe, jetzt das beste Rezept aller Zeiten für einen echten bayerischen Pflaumendatschi zu erfahren, als sich Sprößling Nummer 1 von der freien Hand seiner Mama losreißt und Sprößling Nummer 2 versucht, aus eigener Kraft dem Buggy zu entsteigen. Das wiederum überfordert Mama, die erste Erschöpfungserscheinungen zeigt und im Eifer des Gefechtes entnervt ihr Handy fallen läßt und ich sie nur noch schreien höre: „Mama, ich meld‘ mich wieder!“ Nichts war’s mit dem guten Rezept.
Ich mache einen Bogen um die drei und steck mitten drin in einer Beziehungskrise. Nur weg hier, denke ich noch, laufe etwas schneller, aber ich habe keine Chance, von hinten werde ich mit den kompletten Einzelheiten einer Totaloperation konfrontiert, während sich neben mir ein etwa zehnjähriger Knirps die Matheergebnisse durchgeben läßt und gleich hinter dem ein älterer Herr irgendwelche Wetterprognosen weitergibt.
Ich geb’s auf und steuere das nächste Gasthaus an. Eine Erfrischung wär‘ jetzt recht. Ich träum von einem kühlen Bier, das ich in absoluter Ruhe und im Schutz der gemütlichen Gaststube genießen will und setz mich hin.
Zwei Tische weiter sitzen drei junge Herren, Typ Juppi (jung, dynamisch und erfolglos), Business-Anzug, Aktenmappe und – oh, nein, Handy. Ostentativ hocke ich mich in die Ecke und versuche hypnotisch auf die Drei einzuwirken. Ohne Erfolg, es klingelt.
Jetzt überfällt Übereifer das Trio. Gleichzeitg reißen sie ihr Telefon ans Ohr und es ist fast rührend mit an zusehen, wie zwei dann enttäuscht das kleine Ding wieder auf den Tisch legen, während der dritte triumphierend in die Runde schauend sein wirklich wichtiges Gespräch führt, natürlich laut und deutlich, damit auch jeder mitbekommt, wie wichtig er ist.
Ich versuche nicht hinzuhören und bin glücklich, als ich endlich sein „Tschau“ vernehme. Die Bedienung bringt mir mein Bier und blinzelt mich verschwörerisch an, murmelt mit Blick auf die Handys verächtlich: „Saubreiss‘n, elektronische“. Ich nicke und blinzle zurück, will gerade meinen ersten Schluck nehmen, da piepts. Hinter mir. Und nochmal, und nochmal. Das ist neu. Jetzt werde ich neugierig. Ich dreh mich um. Sitzen doch die Drei da und spielen, wie es scheint so eine Art „Schiffchen-versenken“, über’s Handy. Auch das noch.
Aber Gott sei dank ist die Mittagspause bald vorbei und die drei ziehen von dannen. Jetzt wird es gemütlich. Ich bestell mir noch einen Schweinsbraten zu meinem Bier, laß mir ein paar Zeitung bringen und beginne mich endlich zu entspannen.
Da passiert’s. Es klingelt. Ich schau mich um, suche den neuerlichen Störenfried – aber ich bin allein in der Gaststube. Es klingelt wieder, und wieder. Und da dämmert’s bei mir. Verstohlen und verschämt packe ich meine Handtasche unter’m Tisch hervor, krame mein Handy raus und – drücke den „Aus-Knopf“.
Klassentreffen
Eigentlich wollte ich ja gar nicht zu diesem Klassentreffen gehen. Dann aber übermannte mich die Neugierde und so fuhr ich also trotz meiner Bedenken. Hätte ich bloß meiner ersten Eingebung gehorcht, dann wäre mir vieles erspart geblieben.
Ich hatte schon so ein komisches Gefühl, als ich vor dem Hotel ankam. Die erste, die mir da über den Weg lief, war Gisela, schon seit der 1. Klasse meine Erzfeindin und daran hat sich nichts geändert. „Aber Hallo, wen haben wir denn da?“ Allein schon diese Ironie in ihrer Stimme versaute mir die Laune komplett. Und dann: „Oh, ich sehe meine Liebe, du magst gutes Essen.“ Damit war der Tag für mich gelaufen. Und dafür bin ich also 500 Km gefahren.
Wieder zuhause knurrte ich als erstes meinen Mann an, der natürlich wissen wollte wie es war, das zweite was ich tat war, ich rannte in mein Zimmer und stellte mich vor den Spiegel. Beim ersten Blick gönnte ich mir den Luxus, die kleinen Pölsterchen an Bauch und Hüfte zu übersehen, und redete mir erst mal gut zu, daß das sooo schlimm ja nun auch wieder nicht ist.
Den zweiten Blick tat ich dann mit ein wenig mehr Selbstkritik und gestand mir ein, daß doch etwas getan werden muß. Am Essen sparen, kein Bierchen mehr und auch kein Glas Rotwein zum Abendessen? Das käme einer Folter gleich. Ich kam zu dem Schluß, daß, wenn ich zu „sporteln“ begänne, ich dem Fett am Leib auch zu Leibe rücke, mich aber nicht unnötigerweise kasteien muß. Welch ein Irrtum!
Also: statt weniger Essen und Trinken, mehr Bewegung. Bloß was? Tennis dachte ich und sah mich im Geiste schon im kurzen Röckchen grazil über den roten Sand sprinten. Als ich dann aber die Realität im Spiegel betrachtete, verwarf ich die Idee mit dem Tennisspielen ganz schnell wieder. Damenfussball? Volleyball? Handball? Federball? Nee, alles nichts für mich.
Fitness Studio! Das wars. Zuerst ging ich einmal einkaufen. Nur das Notwendigste, hatte ich mir vorgenommen und nach einem frustrierenden Anprobieren von Bodys, Trägerhemdchen in Pink und knallgelb entschied ich mich für ein dunkelblaues übergroßes T-Shirt und eine Leggins in schwarz, die gnädigerweise alle meine Problemzonen optisch ein wenig wegschummelte.
Im Fitness Studio kam mir ein blondgesträhnter Jüngling mit breiten Schultern und einer tollen Figur entgegen und stellte sich als „…Harald, ich bin dein Trainer…“ vor. Wohin mein Auge blickte, ein Adonis neben dem anderen, Hanteln stemmend, oder Radel fahrend. Ich trabte gottergeben hinter Harald her, der auf dem Weg zur Damenriege meinen Trainingsplan zusammenstellte: „20 Minuten warm radeln, 20 Minuten laufen, dann Muskeltraining, auch 20 Minuten, danach noch Bauchtraining, das machst du mindestens 20 Mal. Fürs erste reicht das wohl“.
Er öffnete mir galant die Tür zum „Damentrainingsroom“ und ließ mich allein – mit mindestens 20 Schönheitsköniginnen im Alter zwischen 16 und 20, aufgestylt bis hin zur kleinen Zehe. Ich vergrub mich in mein T-Shirt (übergroß) und machte auf dem Absatz kehrt. Damit war das Thema Fitnessstudio auch beendet.
Mein Göttergatte hatte dann eine atemberaubende Idee: „Weißt, Spatzerl, wenn Du in Zukunft im Garten die schwere Arbeit übernimmst, umgraben zum Beispiel, oder du könntest auch die Garage neu pflastern, dann purzeln die Pfunde und das völlig kostenlos.“ Ich hätte ihn am liebsten erwürgt.
Meine beste Freundin (gertenschlank und durchtrainiert) versuchte mich ebenfalls zu trösten: „Wir lieben jedes Pfund an Dir. Und solange du dich wohl fühlst, ist doch ein bißchen Fett kein Drama“. Na, toll. Das hat mich wirklich aufgebaut. Warum bin ich bloß zu diesem blöden Kassentreffen gefahren?
Aber jetzt erst recht. Ich kaufte mir einen Badeanzug, einteilig, mit eingearbeiteter Korsage (die laut Beschreibung im Katalog optisch um eine Kleidergröße reduziert – was nicht stimmt) und beschloß (Allen werde ich es zeigen!!), mindestens zweimal die Woche zum Schwimmen zu gehen.
Das mache ich jetzt tatsächlich schon einige Wochen lang und – wer hätte das gedacht – es macht mir sogar richtig Spaß. Beim ersten Mal bin ich noch mit eingezogenem Bauch von der Kabine bis hin zum Becken gestelzt, aber mittlerweile beeindrucken mich die Mannequinfigürchen der Teenies nicht mehr sonderlich, außerdem gibt es offensichtlich mehr Menschen (Männlein und Weiblein gleichermaßen) mit meinen Problemen. Gemessenen Stils (erst mal die Kondition und Geduld trainieren) ziehe ich meine Bahnen und fühle mich dabei pudelwohl
Allerdings, abgenommen habe ich noch kein einziges Gramm und auch die Pölsterchen halten sich hartnäckig. Denn: Es gibt nichts Besseres, als nach dem Schwimmen einen deftigen Schweinsbraten und ein gutes bayrisches Bier, oder zwei, oder so…
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Wir müssen uns das Vertrauen und
die Freundschaft eines Hundes nicht
erwerben - er wurde als unser
Freund geboren!
(Maurice Maeterlinck)
Der einzige absolute Freund, den ein
Mensch in dieser selbstsüchtigen Welt
haben kann, der ihn nie verlässt, der
sich nie undankbar oder betrügerisch
verhält, ist sein Hund.
(Woody Allen)
Kauf einen jungen Hund, und Du
wirst für Dein Geld wild entschlossene
Liebe bekommen.
(Rudyard Kipling)
Anständige Hunde kläffen nicht.
Anständige Hunde bellen, wenn
sie etwas zu sagen haben.
(Werner Mitsch)
Wir schenken unseren Hunden
ein klein wenig Zeit.
Dafür schenken sie uns restlos
alles, was sie uns zu bieten haben
Es ist zweifellos das beste
Geschäft, was der Mensch je gemacht hat.
(Roger Andrew Caras)
Hunde spiegeln meist die
Gemütsverfassung ihrer
Umgebung wieder.
Wenn ein Hund herumtollt und
vergnügt ist, sind bei seinen
Menschen meist die gleichen
Anzeichen festzustellen.
(John Saunders)
Der Himmel ist Protektionssache.
Ginge es nach Verdienst, käme
nur Dein Hund hinein, Du bliebest draussen.
(Mark Twain)
Ein Leben ohne Hund ist ein Irrtum.
(Carl Zuckmayer)
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